Sie sind der Alptraum eines jeden Unternehmers und es kann jeden treffen: Preistouristen. Bestens getarnt als potenzielle Auftraggeber findet man diese Spezies quer durch alle Branchen. Besonders gerne tummelt sich der gemeine Preistourist im Bereich des Dienstleistungssektors. Denn nirgends lässt sich ein Preis-Leistungsverhältnis so einfach in Frage stellen und allen Argumenten und Begründungen zum Trotz mit einem einfachen „Das macht Anbieter XY aber billiger“ niederschmettern wie im Bereich der Dienstleistungen.

Und natürlich macht der Preistourist auch beim Thema Webdesign und Onlinemarketing nicht halt. Als Webdesigner und Konzeptioner würde ich sogar behaupten, dass „unser“ Preistourist es sich in diesem/seinem Habitat so richtig gutgehen lassen kann.

Doch wer ist Schuld daran? Gibt es überhaupt so etwas wie einen Sündenbock? Oder hat sich die Webdesign-Branche ihren Preistouristen am Ende gar selbst gezüchtet? Doch Schuld hat wie immer niemand – und das meine ich genau so wie ich es schreibe.

Die Anzahl der Anbieter von Webdesign-Dienstleistungen hat in den vergangenen vier bis fünf Jahren explosionsartig zugenommen. Und immer da, wo das Angebot überproportional steigt, ist der Preiskampf in aller Konsequenz nicht weit. So weit so richtig. Waren vor einigen Jahren noch Freelancer der ärgste Widersacher einer jeden etablierten Webdesign-Agentur, wird der Webdesign-Markt heutzutage noch zusätzlich von Hompage-Baukasten-Anbietern mit Millionen-Budgets befeuert. Optimale Bedingungen für den Preistouristen. Lehnen Sie sich also zurück und kommen Sie mit auf eine Rundfahrt quer durch die wunderschöne Webdesign-Landschaft. Gemeinsam laden wir uns bei Kaffee zum ausgedehnten Plausch bei den schönsten Agenturen der Stadt ein und lernen, wie man reihenweise Freelancer gleichzeitig mit Angebotserstellungen auf Trab hält. Als Andenken an diese Reise erhalten wir einen Posteingang voller kostenloser Beratungsleistungen, Handlungsvorschlägen, Hinweisen, jede Menge Kaffee sowie die Gewissheit, auch garantiert den billigsten Anbieter gefunden zu haben – und noch mehr Kaffee.

Preistourismus nützt dem Preistouristen selbst am allerwenigsten

Eine spannende Reise liegt hinter uns. Ab jetzt ist Entspannung angesagt. Was wir nicht ahnen: Der mit Abstand aufregendste Teil liegt noch vor uns. Denn Preistourismus zum günstigsten Webdesign-Pauschalpreis wird erst jetzt so richtig zum Abenteuer. Ein Abenteuer, das Sie garantiert nicht mehr so schnell loslässt.

Die typischen Top 5 Aussagen eines Preistouristen, der auf „Hauptsache günstig“ gesetzt hat:

1) Wir erreichen unseren Anbieter kaum noch. Wir sind schon so weit, dass wir uns zumindest mal über eine Rückmeldung freuen würden. Das ist doch nicht zu viel verlangt, oder? Ich hoffe das ist bei Ihnen besser?

2) Wir sind seit Wochen über dem angepeilten Livegang unserer Webseite. Wir haben das Projekt schon an allen Ecken und Enden gekürzt, Hauptsache wir können überhaupt mal live gehen. Ich hoffe Sie halten Ihre Timings ein?

3) Wir haben das Gefühl unser Vorhaben ist mit diesem Template, das wir uns ausgesucht haben, eigentlich gar nicht umsetzbar. Sie hätten uns das doch vorher sicher gesagt?

4) Wir dachten das gibt es alles schon „fertig“ (das hatte ich mir extra schon alles zusammengegoogelt) und man müsste es ja eigentlich nur noch zusammensetzen. Was würden Sie uns jetzt empfehlen?

5) Wir haben jetzt doch deutlich mehr Budget benötigt und ausgegeben als uns ursprünglich veranschlagt wurde. Können Sie das bitte in Ihrem Angebot berücksichtigen?

Und genau aus diesem Grund nennen wir es Dienstleistung. Denn auch wenn am Ende eines jeden Webdesign-Projekts ein fertiges Produkt steht, ist dies immer nur die halbe Miete.

Webdesign ist eine Dienstleistung, deren Wert sich aus dem Ergebnis und aus dem Weg dorthin definiert.

Jede (Preis)-Einschätzung (und wenn sie noch so schmerzhaft ist) sollte daher also stets auf Ihre Seriosität und Realisierbarkeit geprüft werden. Nur dann können Sie als Kunde gewährleisten, das tatsächlich beste Preis-Leistungsverhältnis zu erhalten.

Drei grundsätzliche Kriterien, welche Sie bei dieser Auswahl berücksichtigen sollten:

1) Nutzen Sie seriöse Webkalkulatoren, die in keiner Abhängigkeit zu einem Sponsor stehen oder von einer Agentur selbst betrieben werden. Kleiner Tipp: Sie befinden sich bereits auf einem ;)

2) Setzen Sie auf Anbieter, die „Flagge zeigen“. Wer gute Arbeit macht, der kommuniziert dies öffentlich mit Bild- und Videomaterial. Im besten Fall steht der Anbieter sogar mit seinem eigenen Namen für die Qualität seiner Arbeit. Seien Sie skeptisch bei Anbietern, die ihre Agentur mit gekauften Fotos präsentieren, sich hinter toller Gestaltung selbst anonymisieren oder deren Namen Sie maximal im Impressum wiederfinden.

3) Informieren Sie sich bewusst zum Thema Projektmanagement. Wie und mit welchen Milestones wickelt der Dienstleister das Projekt ab? Haben Sie einen ständigen Ansprechpartner? Es klingt banal, aber schlechtes (oder nicht vorhandenes) Projektmanagement ist der „Projektkiller“ Nummer eins.

Hinterfragen wir uns nun kurz selbst: Unser neues Web-Projekt soll mehr als nur ein neues Hobby werden? Es soll unsere zukünftige Einnahmequelle Nummer eins werden? Eventuell sogar unser beruflicher Lebensmittelpunkt und eigentlich auch gerne mehr?

Als Faustregel lässt sich sagen: Gute Geschäftsmodelle im E-Commerce-Bereich sind so gut wie nie mit ein paar Euros und einem Template von der Stange zu lösen. Denn ein nachhaltiges Geschäftsmodell benötigt stets Zeit und Geld. In den meisten Fällen sogar viel Zeit und... Sie ahnen es schon.

Zurück